Osteopathie und Faszientherapie

Osteopathie & Faszientherapie

 


Osteopathie – ganzheitlich denken, gezielt behandeln

Die Veterinärosteopathie ist eine manuelle und ganzheitliche Form der Tiermedizin. Ziel ist es, Spannungen, Bewegungseinschränkungen und Dysfunktionen im Körper des Pferdes mit den Händen zu erkennen – und durch individuell angepasste Techniken sanft, aber wirksam zu behandeln.

Sie umfasst weit mehr als die Arbeit am Bewegungsapparat:

  • Parietal – Muskeln, Faszien, Gelenke
  • Viszeral – Organe und ihre Aufhängung
  • Kraniosakral – zentrales und peripheres Nervensystem
  • Neurovaskulär – Gefäßversorgung und neuronale Steuerung

Bereits kleinste Einschränkungen können das feine Gleichgewicht im Körper stören. Ziel ist es, diese Dysfunktionen aufzuspüren, die Selbstregulation zu fördern und das Pferd wieder in funktionelle, gesunde Bewegung zu begleiten.

Ich arbeite sowohl im Stand als auch in der Bewegung, um unterschiedliche Spannungsmuster sichtbar zu machen und möglichst nah an der Funktion zu therapieren. Die eingesetzten Techniken reichen von feinen, tiefenwirkenden Griffen bis hin zu sichtbaren Mobilisationen – immer angepasst an Temperament, Alter und Zustand des Pferdes.

Ein wesentlicher Bestandteil meiner osteopathischen Arbeit ist die Faszientherapie.


Faszientherapie – warum sie so hilfreich ist

Faszien bilden ein dreidimensionales Netzwerk aus kollagenem und elastischem Bindegewebe. Sie verbinden, stützen und strukturieren den gesamten Körper.

 

Faszien sind gemäß der Fascia Research Society: 

Alle kollagenen und elastischen Bindegewebe, insbesondere Gelenk- und Organkapseln, Bänder, Muskelhüllen, Membranen, Sehnen, Retinacula, sowie die „eigentlichen Faszien“ in der Gestalt von flächigen festen Bindegewebsschichten (zB. F. thoracolumbalis) 

Faszien sind wesentlich für:

  • die Kraftübertragung im Körper
  • die Koordination und Balance
  • die Proprio- und Interozeption (Körperwahrnehmung innen und außen)
  • die biotensegrale Aufspannung des Körpers


Faszien sind in myofaszialen kinetischen Linien organisiert (Elbrond et al.), die funktionell über den gesamten Körper verlaufen – z. B. von der Hinterhuf bis zum Kiefergelenk, über diagonale oder spirale Ketten. Das Verständnis hilft Zusammenhänge und Läsionsketten besser zu verstehen und zu behandeln.



Wenn das Gewebe aus dem Takt gerät – Myofasziale Dysfunktion

Eine myofasziale Dysfunktion beschreibt eine Störung im Faszien- und Muskelgewebe, verursacht durch

Densifikationen (Verdichtungen), Adhäsionen (Verklebungen), Fibrosen (Umbauprozesse im Gewebe).

Diese können zu gestörter Biomechanik, Bewegungseinschränkungen und dem myofaszialem Schmerzsyndrom (Luomala, 2022) führen.


Pferde mit solchen Dysfunktionen verlieren häufig ihre natürliche Rumpftragefähigkeit, ihre Bewegungskompetenz. Sie bewegen sich unharmonisch, kompensieren über Spannung sind körperlich wie nervlich unausgeglichen.

Typische Symptome sind bspw.:

  • Schwäche des Rumpftrageapparats, Trageschwäche, Topline Syndrom
  • wiederkehrende Verspannungen oder Blockaden
  • Rittigkeitsprobleme aller Art
  • Überreaktionen oder Antriebslosigkeit
  • Dysregulation



Faszien gezielt behandeln – im Stand und in der Bewegung

In meiner Arbeit kombiniere ich verschiedene Methoden der faszialen Behandlung, um Pferden die Rückkehr in eine tragende, gesunde Bewegung zu ermöglichen.

Fasziale Manipulation nach Stecco (weiterentwickelt durch Tuulia Luomala) Hierbei steht die tiefe Muskel-Faszie im Fokus. Durch genaue Palpation identifiziere ich Zentren faszialer Spannung, die mit Bewegungseinschränkung oder Schmerz verbunden sind. Durch gezielte manuelle Techniken kann hier das myofasziale Gleichgewicht wiederhergestellt werden – und mit ihm die freie, funktionelle Beweglichkeit.

Behandlung der myofaszialen Linien (Elbrond, Schultz, Due)

Diese Methode betrachtet die Faszien als durchgehende, funktionell verbundene Linien. Durch manuelle Techniken entlang dieser Linien oder gezielte Stimulation der Releasepunkte (z. B. mit Laser oder Stimmgabel) können kontrahierte Abschnitte gelöst werden – oft mit deutlicher Wirkung auf Haltung, Bewegung und Ausdruck des Pferdes.

Tensegrales Pferdetraining - Propriozeptive Körperarbeit

In Bewegung nutze ich auch Faszien-Release-Techniken aus dem Horse Tensegrity Training, um durch gezielte Manipulationen myofasziale Detonisierung zu fördern. Über propriozeptive Körperarbeit (vgl. Bewegungssensopathie) lasse ich das Pferd Körperregionen und Bewegungen wieder bewusst wahrnehmen, ermutige es sich raumgreifend und fließend zu bewegen – sanft, nachhaltig und im direkten Dialog mit dem Pferd.


Behandlung, die Bewegung ermöglicht

Die Kombination aus gezielter Manipulation und ganzheitlichem Verständis von Anatomie und Bewegungsphysiologie erlaubt mir, sowohl lokale Dysfunktionen als auch systemische Spannungsmuster zu erkennen und individuell zu behandeln.
Ob im Stand oder in der Bewegung – das Ziel bleibt immer:
Dem Pferd helfen, sein eigenes Bewegungspotential wiederzufinden.




Behandlungsablauf

Ruhig. Präzise. Individuell.

Ein achtsamer, zugewandter Umgang mit dem Pferd steht für mich im Mittelpunkt jeder Behandlung. Bitte plane für eine osteopathische Erstbehandlung mindestens 90 Minuten ein – so bleibt genügend Raum für Beobachtung, Diagnostik und eine individuelle, sorgfältige Behandlung.

Ablauf einer Erstbehandlung

  1. Ausführlicher Anamnesebogen vorab
    Vorgeschichte, Haltung, Nutzung, Fütterung und aktuellen Problemen
  2. Adspektion und Bewegungsanalyse
    Beobachtung im Stand sowie Vorführen im Schritt und Trab – bei Bedarf auch an der Longe oder unter dem Sattel
  3. Kontrolle von Hufen und Ausrüstung
    Einschätzung der Hufsituation bzw. des Beschlags, ggf. auch Sattelkontrolle
  4. Osteopathische Untersuchung
    Systematische Untersuchung des Körpers mit den Händen, inklusive gezielter Tests auf Beweglichkeit und Spannungsmuster
  5. Osteopathische Behandlung
    Anwendung spezifischer Techniken zur Lösung lokal identifizierter Dysfunktionen – bei Bedarf auch in der Bewegung
  6. Instruktion und Mitgabe von Übungen
    Auf Wunsch Anleitung für kleine, alltagstaugliche Übungen zur Unterstützung der Nachsorge
  7. Abschlussgespräch & Bewegungsplan
    Individuelle Hinweise zu Bewegung in den Folgetagen, zur Fütterung, eventuell sinnvollen weiterführenden Untersuchungen sowie zum Behandlungsintervall



Wie viele Termine sind sinnvoll?

In manchen Fällen kann eine einmalige osteopathische/faszientherapeutische Behandlung ausreichend sein. Bei länger bestehenden Spannungsmustern, Haltungsveränderungen oder wiederkehrenden Beschwerden sind meist mehrere Folgetermine im Abstand von 2–6 Wochen sinnvoll.
Allgemein strebe ich eine umfassende und andauernde Unterstützung von Pferd - Mensch - Paaren an. Besonders effektiv ist die Kombination mit gezieltem Bewegungstraining, wie du es unter Bewegungstherapie und -training findest.

Bilder: @stoib.photography